„In Lateinamerika wird das Volk selbstverständlich mit einbezogen"
Pfarrer Heribert Leuthner beim AMG Akademie Lehrgang über Eckpunkte im Gemeindeleben
„Vorrangig ist nicht, welche Strukturen die Pfarrgemeinden haben – das wird der Prozess ergeben – , sondern dass sie Leben haben. In Europa ist die Pastoral noch immer Sache des Pfarrers. In Lateinamerika ist es selbstverständlich, dass das Volk befragt und mit einbezogen wird", sagte Heribert Leuthner, der 30 Jahre als Pfarrer in einer Großpfarre in Ecuador tätig war, in seinem Vortrag über „Gemeindeleben in der Weltkirche – Chancen und Hindernisse" beim Lehrgang „Strukturreform – Wir machen mit" der AMG-Akademie (A – Aktuelles, M – Männer, G – Glaube, eine KMB-Gründung, siehe www.amg-akademie.at) am 25. April 2014 im Stift Heiligenkreuz.
Eine Spiritualität des Zusammenspiels – „Die Laien sollen aktiv mitbestimmen können"
„Wir brauchen keine ´2 Klassenkirche mehr´! Damit hat das Konzil aufgeräumt. Alle sind hörende und redende Kirche", erinnerte Leuthner an das gemeinsame Priestertum, das Miteinander von Laien und Geweihten, wie es auch Papst Franzikus in Evangelii Gaudium 31 zum Ausdruck bringt. Paulus habe in fast allen seinen Briefen das Bild von Christus als Leib der Kirche gebraucht. „Es genügt nicht, dass jedes einzelne Glied seine Aufgabe gut erfüllt; Es braucht eine Spiritualität des Zusammenspiels (Eph. 4,1-16), die Vernetzung der Ebenen der Communio (Leib) und der Partizipation (verschiedene Glieder)", so Leuthner. Die zahlreichen Dienste (Eph. 4,11) sind dafür da, „um die Heiligen, die Christen, für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi" (Eph.4,12), sagte Leuthner.
Die „gemeinsame Pastoral", das Zusammenspiel von Communio und Partizipation brauche aber auch „Drehscheiben", was auf Pfarrebene der Pfarrgemeinderat sein könne, so Leuthner. Im Dokument von Aprecida, der Fünften Generalkonferenz der Bischofskonferenzen von Lateinamerika und der Karibik, bei der Kardinal Bergoglio federführend war, heiße es in 371: „Die Laien sollen im Prozess der Beurteilung, bei den konkreten Entscheidungen, bei der Planung und bei der Ausführung aktiv mitbestimmen können" , betonte Leuthner. Im Wiener Raum erfolge dies durch Bibel Teilen, den Familienfragebogen oder eine Zukunftsvision, wie dies am Brunnenmarkt angegangen wurde.
Mit Option für die Armen beginnen ... Sehen – Urteilen – Handeln – Revision - Feiern
Wichtig sei es, an der pfarrlichen Basis in einer Jüngerschaftsschule Christus kennenzulernen, denn „Mission First erfordert die Bekehrung von der Zweiklassenkirche (Lehrende und Belehrte) zum Gemeinsamen Priestertum, vom Klerikalismus zum Ernstnehmen des Laien, der Evangelisierenden Gemeinde, denn der Laie ist nicht Notnagel, ´weil es zu wenige Priester gibt´", sagte Leuthner. Im Masterplan solle in einer mehrjährigen Vorbereitungsphase dieses Netzwerk auf pfarrlicher Ebene „eingespielt" werden. Dabei könne es Angebote geben wie Bibelteilen, ein Konzil – Magisterium, einen Spirituellen Tag mit Bezug auf die Diözesanerneuerung, das Arbeiten an der „Zukunftsvision" oder eine Beteiligung an der Revision zum Ende jedes Arbeitsjahres, so Leuthner.
Beginnen könne man an der Basis mit einer gemeinsamen Aktion zur vorrangigen Option für die Armen (Flüchtlinge, Migranten, Integration ...), einem Ausbildungskurs für die „lebendigen Kräfte" der Pfarren, oder auch mehrtägigen Pflichtseminaren für Priester und Hauptamtliche über den Prozess.
Dieses „permanente Zusammenspiel zwischen Basis und dem Diözesanen pastoralen Dienst, der Diözese als ´Portion des Gottesvolkes´ (EG 30), erfordere einen permanenten Prozess". Dabei sei Sehen („Der Hirt muss nach den Schafen riechen"), das Be-Urteilen der Teilkirche („Prozess der Unterscheidung, Läuterung und Reform", EG 30), Handeln (Jüngerschaftsschule, Mission, Option / Armen), eine Revision (was gab es dieses Jahr, wo das ganze Netzwerk teilnimmt) und ein auf den Prozess bezogenes Feiern (Gebet, Eucharistie...) erforderlich. Diese Reform habe von unten zu beginnen (vgl. Papstfragebogen), denn Bekehrung kann man nicht „befehlen", sagte Leuthner.
Die vorrangige Option für die Armen könne mit einer „Zukunftsvision", der Diagnose der Realität der Gesellschaft, beginnen, wo zu den vorhandenen Lebensproblemen Antworten der Bibel gesucht werden. Leuthner schloss: „Wir in Europa sind zuerst Ideologen und dann Menschen, in Lateinamerika ist das umgekehrt." Am spontanen, lang anhaltenden Applaus war zu spüren, wie sehr Leuthner den TeilnehmerInnen aus dem Herzen sprach. Der nächste Lehrgangstermin ist am 23. Mai.
Franz Vock
Fotoserie
Pfarrer i.R. Heribert Leuthner ( 2. v.l.) legt den interessierten Lehrgangs-TeilnehmerInnen die Eckpunkte für eine gut funktionierende Großpfarre vor.
„Vorrangig ist nicht, welche Strukturen die Pfarrgemeinden haben – das wird der Prozess ergeben – , sondern dass sie Leben haben“, sagte Pfr. i.R. Heribert Leuthner, der 30 Jahre in einer Ecuadorianischen Großpfarre tätig war.
„In Europa ist die Pastoral noch immer Sache des Pfarrers. In Lateinamerika ist es selbstverständlich, dass das Volk befragt und mit einbezogen wird“, gab Pfr. Leuthner zu bedenken.
Die TeilnehmerInnen lesen reihum Satz für Satz aus dem Epheserbrief 4,1-16 über die Eckpunkte eines Gemeindelebens und die verschiedenen Gnadengaben zum Aufbau der Kirche.
Mit Interesse und Andacht verfolgen die TeilnehmerInnen, wie selbstverständlich in vielen südamerikanischen Pfarren die Erfahrungen und Überzeugungen des Volkes mit einbezogen werden.
V.l.n.r.: Der Stv. Vikariatsrats-Vorsitzende Nikolaus Csenar, der Referent Pfr. i.R. Heribert Leuthner und Dekanatsobmann Stefan Lath, Baden, im Gespräch.
Von Mann zu Mann …
… und Frau zu Mann erfolgt die Vernetzung von Erfahrungen